Regulation – wenn es sicher ist, du selbst zu sein
In einer Welt, die oft laut, schnell und voller Anforderungen ist, wünschen sich viele mehr innere Ruhe, Ausgeglichenheit und Klarheit. An vielen Stellen hören wir bereits, dass Regulation der Schlüssel dafür ist. Doch was genau bedeutet das eigentlich – reguliert zu sein?
Ein reguliertes Nervensystem – was heißt das wirklich?
Ein reguliertes Nervensystem bedeutet nicht, dass wir durchgehend entspannt, ruhig und gelassen sein müssen. Ganz im Gegenteil: Es beschreibt die Fähigkeit, bewusst und flexibel auf das Leben zu reagieren – in allen Facetten. Das heißt: Wir können aktiv sein, uns aufregen, fühlen, kämpfen, lachen, weinen – und wieder zur Ruhe kommen. Wir bewegen uns zwischen Aktivierung und Entspannung, zwischen Herausforderung und Erholung. Genau diese Beweglichkeit, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die Gegebenheiten ist ein Zeichen von Regulation.
Ein regulierter Zustand ist ein Zustand von
- innerer Stabilität
- Präsenz
- Verbundenheit
- Selbstwirksamkeit

Dieser entsteht nicht durch Kontrolle, sondern durch Verbindung – zu uns selbst, zu unserem Körper, unseren Gefühlen, Bedürfnissen und Grenzen.
Was Regulation damit zu tun hat, wir selbst zu sein und uns sicher darin zu fühlen

Das, was uns am tiefsten reguliert, ist nicht ein äußerer Zustand – sondern unsere Fähigkeit, uns selbst zu zeigen, so wie wir wirklich sind, und uns dabei sicher zu fühlen. Wenn wir spüren: „Ich darf so sein, wie ich bin – selbst wenn andere mich nicht verstehen oder ablehnen“, entsteht Sicherheit von innen heraus.
Diese innere Sicherheit wirkt wie ein Anker. Sie ermöglicht es uns, auch mit unangenehmen Gefühlen, Unsicherheit oder Stress in Kontakt zu bleiben, ohne uns selbst dabei zu verlieren. Unser Nervensystem ist dann nicht länger abhängig von äußeren Umständen – und auch nicht mehr von der Meinung anderer.
Um dorthin zu kommen, braucht es den Mut, wirklich alles an uns selbst zu sehen und anzunehmen – auch das, was wir am liebsten tief in uns verstecken würden. Unsere Schattenaspekte, unsere Wut, unsere Angst, unsere Unsicherheiten: All das gehört zu uns. Und all das darf sein.
Solange wir versuchen, bestimmte Anteile von uns zu verdrängen, kostet es uns enorme Energie, sie unten zu halten. Energie, die wir an anderer Stelle so dringend für uns selbst bräuchten. Wenn wir dagegen Frieden mit allem finden, was in uns lebt, wird genau diese gebundene Energie frei. Wir hören auf, gegen uns selbst zu kämpfen oder vor uns selbst davonzulaufen. Wir ownen alle Anteile von uns selbst – und erst dadurch wird echte Veränderung möglich.
Regulation entsteht, wenn wir aufhören, im ständigen Kampf mit uns selbst zu sein. Wenn Flucht und Abwehr nicht mehr nötig sind, weil wir nicht mehr versuchen, die unangenehmen Anteile loszuwerden, sondern alles in uns halten können. Wir kommen tief in Kontakt mit uns selbst und allem was ist. Dann wird innere Sicherheit spürbar. Dann können wir wir selbst sein – egal, ob andere uns so feiern oder kritisieren.

Von der sicheren Beziehung zu uns selbst zu Sicherheit in Beziehung zu anderen
So sehr es um innere Sicherheit geht: Wir müssen sie nicht allein erschaffen. Wir Menschen sind evolutionär darauf angelegt, uns in Verbindung zu regulieren. Co-Regulation bedeutet, dass wir Halt, Nähe oder Verständnis von außen erfahren dürfen — wenn wir es alleine nicht schaffen oder auch einfach, weil es sich gut anfühlt. Und das nicht nur als Kinder, sondern genauso als Erwachsene.
Sich sicher zu fühlen heißt also auch, Hilfe annehmen zu können und nach ihr zu fragen. Es heißt, verinnerlicht zu haben, dass wir unabhängig von unserer Leistung Unterstützung verdienen und nicht jemand Bestimmtes dafür sein müssen. Dafür dürfen wir tief integrieren, dass wir nicht zu viel sind, dass wir dann nicht schwach sind und dass wir uns auch in unserer Verletzlichkeit zeigen dürfen, Es geht nicht darum, alles allein zu tragen. Sondern zu wissen: Ich darf mich zumuten.
Wird die Verbindung zu uns selbst wieder sicher, können wir also auch die Beziehung zu anderen (wieder) als sicher erfahren. Weil wir nicht mehr gewisse Anteile von uns um jeden Preis verstecken wollen. Weil wir mehr und mehr verinnerlichen, dass wir uns selbst mit unseren Gefühlen halten können oder halten lassen können. Weil wir nicht mehr abhängig von der Meinung anderer sind, um zu wissen, dass wir okay und wertvoll sind.
Der Weg zu Selbstverbindung und innerer Sicherheit
Innere Sicherheit beginnt immer in der Verbindung zu uns selbst — und damit auch in der Rückverbindung zu unserem Körper.
Unser Körper zeigt uns klarer als jeder Gedanke, wie es uns wirklich geht. Er reagiert auf Stress, Anspannung oder Angst oft lange bevor wir es bewusst merken. Wenn wir mit unserem Körper verbunden sind, können wir wahrnehmen, was wir brauchen und was uns fehlt. Ohne diese Verbindung bleiben wir oft im Kopf und versuchen, alles mit Denken zu lösen — dabei übergehen wir unsere echten Bedürfnisse. Um uns sicher zu fühlen, dürfen wir deshalb lernen, die Signale unseres Körpers ernst zu nehmen.
Genau hier setzen kleine Schritte an, mit denen wir diese Verbindung nach und nach stärken können:
Anhalten & Still werden
Regulation bedeutet auch: anhalten. Still werden. Uns den Raum nehmen, wahrzunehmen, was da ist — auch wenn es unbequem ist. Wo sind wir gerade wirklich? Was fühlen wir? Und welche Gedanken / Gefühle versuchen wir gerade zu vermeiden? Vieles kann sich erst wirklich zeigen, wenn wir diesen Raum erschaffen und für eine Zeit aus unserer andauernden Beschäftigung aussteigen.
Selbstbeobachtung & Reflektion
Welche Anteile von uns trauen wir uns nur bei Menschen zu zeigen, die sich wirklich sicher anfühlen? Welche behalten wir für uns, weil sie uns selbst noch Angst machen? Und wo verurteilen wir uns noch dafür, dass wir so sind, wie wir sind? An welchen Stellen merken wir, dass wir uns anders verhalten, als wir eigentlich wirklich sind? Und wovor haben wir in diesen Momenten wirklich Angst?
Bewusstsein schaffen
Manchmal verstecken sich diese Anteile so tief in uns, dass wir sie alleine kaum greifen können. Hier arbeite ich sehr gerne mit Human Design und den Gene Keys. Sie helfen uns dabei, mehr Bewusstsein zu schaffen und zeigen, was da ist — auch das, was wir vielleicht nie an uns sehen wollten. Das kann herausfordernd sein, aber es öffnet die Tür für Annahme und Wandlung.
Geduld
Es geht nicht darum, alles sofort zu lösen – und mit diesem Anspruch überfordern wir uns meist auch total. Es geht darum, immer wieder neu zu üben: innezuhalten, zu spüren, zu reflektieren. Geduldig zu sein, wenn es unangenehm ist. Uns selbst zu halten — oder uns Räume zu suchen, in denen wir mit dem, was in uns lebt, gehalten werden. Das können Gespräche mit Menschen sein, denen wir vertrauen. Ein sicherer Coachingraum. Oder auch die Natur: Wald, Erde, Wasser können Anker sein, wenn wir uns Halt wünschen.
Ausdruck finden
Auch kreativer Ausdruck kann dabei helfen. Schreiben, malen, tanzen, Bewegung, … — all das ist ein Weg, uns selbst zu zeigen, vielleicht erstmal nur für uns. So üben wir, dass unser Inneres nach außen darf. Nach und nach verinnerlichen wir: Es ist sicher, uns auszudrücken. Wir dürfen so sein, wie wir sind.
Und jedes Mal, wenn wir diesen Weg gehen, entsteht ein bisschen mehr Verbindung, ein bisschen mehr Annahme, ein bisschen mehr Regulierung. Schritt für Schritt.
Fazit: Regulation ist Selbstverbindung
Regulation bedeutet nicht, perfekt zu funktionieren, sondern echt zu sein.
Es geht nicht darum, nie wieder Stress zu spüren oder immer „im Flow“ zu sein. Sondern darum, zu merken, wenn wir uns verlieren – und sanft zu uns zurückzufinden.

Wirkliche Regulation entsteht, wenn wir bereit sind, unser Inneres nicht länger zu verstecken und anfangen, uns selbst tief zu vertrauen. Wenn wir anerkennen, dass auch unsere unangenehmen Anteile dazugehören – und dass wir nichts davon wegmachen oder perfekt kontrollieren müssen, um okay zu sein. Das heißt übrigens nicht, dass wir alle Anteile von uns immer jedem zeigen müssen – es wird zu einer bewussten Entscheidung statt einer Handlung aus Angst. Dann hören wir auch nach und nach auf, Regulation im Außen zu suchen: über Anerkennung, über Leistung oder darüber, uns anzupassen, um dazuzugehören.
So wird Selbstverbindung möglich: wenn wir uns selbst erlauben, ganz da zu sein – auch mit unserer Unsicherheit, mit unserer Verletzlichkeit, mit dem Wunsch nach Hilfe. Wenn wir verinnerlichen: Ich darf sein, wie ich bin. Ich darf Halt suchen, ohne dafür erst jemand Bestimmtes sein zu müssen.
Es gibt viele Wege zurück in die Regulation – und für jeden Menschen sehen sie anders aus. Grundsätzlich aber wirkt alles regulierend, was uns hilft, uns ehrlich, lebendig und sicher in uns selbst zu fühlen.
Genau darum wird es hier in den nächsten Artikeln noch mehr gehen: Wie wir unsere eigene Regulation bewusst gestalten können – im Einklang mit dem, was uns einzigartig macht. Regulation by Design heißt für mich: mit Hilfe von Human Design und Gene Keys zu verstehen, wie wir individuell ticken – und was wir wirklich brauchen, um uns sicher zu fühlen, so wie wir sind.

One response
Das hast du wundervoll geschrieben. Ich fühle es sehr: Regulation ist das Leben und nicht immer gechillt und im Schneidersitz. 😎🏄♀️